Cu-Nation - Monolog (Teil 1 einer "unendlichen" Endzeit-Geschichte)

in Deutsch D-A-CH3 years ago (edited)

Hallo liebe Freunde des gruseligen Leseerlebnisses,

Vor ein paar Monaten, als die Lockdowns und die Kurzarbeitsphasen begannen, suchte ich, diese "Pandemie"-Sache in einer fiktiven Endzeit-Geschichte zu verarbeiten.
Eigentlich wollte ich sie über einen freien Verlag in geringer Auflage veröffentlichen. Aber warum sollte ich mir die Mehrarbeit machen, wo es doch das Hive gibt?! :-)

Was als Buch geplant war, veröffentliche ich nun regelmäßig im Hive, Kapitel für Kapitel.
Da ich irgendwie zu keinem Ende komme, schreibe ich die Geschichte einfach fort. Ich mag auch gar nicht aufhören. Denn seit ich damit anfing, spinne ich die Geschichte jede Nacht vor dem Einschlafen weiter und fühle mich täglich durch die Realität inspiriert.

Viel Spaß beim Lesen!

Viele Grüße
QuantumG


Monolog

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Schon seit vielen Jahren habe ich keines dieser Flugblätter mehr gesehen. Nach all den Jahren sollten sie eigentlich längst verrottet sein.
Ich kann mich noch genau daran erinnern, wie sie verteilt wurden. Über jeder Stadt, jedem Dorf und jeder Siedlung wurden Sie per Hubschrauber abgeworfen. Soldaten liefen durch die Straßen und warfen sie in private Briefkästen, nagelten sie an die Türen offizieller Gebäude und klebten sie Laternenmasten.
Das war kurz nachdem der Strom damals landesweit ausfiel.
Doch dieser Zettel hier, hat wohl in der Trockenheit seiner Umgebung die letzten 8 Jahre überstanden.
Ein knallroter Zettel mit schwarzer Aufschrift und Brailleschrift am Blattrand, mit dem Inhalt...

Achtung! Dies ist eine Regierungsanordnung.

Im Kampf gegen das CuViD-21 Virus, hat das Notfall-Kabinett eine absolute Ausgangssperre verhängt. Bitte bleiben Sie unbedingt zuhause. Bei Zuwiderhandlung kann durch das lokal pa­t­rouil­lie­rende Militär von Schusswaffen Gebrauch gemacht werden. Die Versorgung mit lebensnotwendigen Gütern, wird von Versorgungseinheiten des Militärs für Sie durchgeführt. Warten Sie auf weitere Anweisungen.

Der Minister für Seuchenschutz

Nach dem Abwurf dieser Flugblätter kam es aber nie zur versprochenen Versorgung. Der totale Zusammenbruch ging relativ schnell, laut, hektisch und brutal von statten.
Vorbereitet war darauf damals kaum jemand. Entsprechend wenige Überlebende gab es.

Bevor der Strom ausfiel, waren die Programme der Fernsehsender voll von Sendungen über das damals neue Virus.
Allerdings kaum ein wahres Wort über das, was wirklich war und uns zwangsläufig noch bevorstünde.
Im Gegenteil – Von harmlosen Grippe ähnlichen Symptomen war stets die Rede. Alles würde sich nach einer kurzen Phase von Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen wieder von alleine geben. Sich gegen die Grippe impfen zu lassen, wurde als Erlösung verkauft.
Von offizieller Seite riet zur Ruhe und dazu auf, den Fake-News zum Virus keinen Glauben zu schenken.
Die Fake-News… Damit gemeint waren die zahlreichen Berichte und Smartphone-Videos in den sozialen Medien des Internets. Sie zeichneten ein völlig anderes Bild der Lage. Dagegen versuchte die Regierung sogar mithilfe neuer Gesetze vorzugehen. Doch, sie hatten keine Chance die Wahrheit zu unterdrücken.
Kurz vor dem Ausfall des Stromnetzes, wurden fast minütlich verstörendste Videos und Bilder der Situation von jedem Punkt der zivilisierten Welt aus hochgeladen. Sie zeigten zumeist brutale Angriffe geistig “verwirrter” Infizierter, wie wir damals glaubten, auf andere Menschen.
Zunächst waren es nur Meldungen über Menschen, die ihre Mitmenschen wegen falsch aufgesetzter oder fehlender Mundnasenbedeckung verbal und später sogar tätlich angriffen. Wobei jeder wusste, dass diese Dinger gar nichts halfen. Aber es genügte auch ein falscher Blick, ein falsches Wort oder andere Kleinigkeiten, die Infizierten vollkommen in Rage zu versetzen.

Doch es sollte noch viel schlimmer kommen. Denn das Virus mutierte.

Berichte über schwerste Körperverletzungen, Morde und immer häufiger werdende kanibalistische Angriffe dominierten unter den Beiträgen in den sozialen Netzwerken im Internet. Schlagworte wie #Kanibalen #CuViD21 oder #KanibalenVirus wurden Trend auf allen sozialen Internet-Plattformen.
Was anfänglich noch fern erschien und einen fühlbar selbst nicht betraf, wurde recht plötzlich und immer heftiger werdend zur Alltagserfahrung eines jeden Menschen. Erst kannte jeder jemanden, der irgendwie direkt betroffen war, etwas beobachten konnte oder selbst etwas erlebte. Ein paar wenige Tage später, war jeder betroffen. Jeder erlebte, was die Seuche mit sich brachte. Viele starben, viele wurden krank und steckten weitere Viele an. Bald schon stiegen die Opferzahlen ins Unermessliche.
Überall lagen Tote herum und auch überall liefen und rannten Infizierte durch die Gegend, griffen bei jeder Gelegenheit Gesunde an, jagten oder fraßen sie.
Man sollte meinen, eine Seuche raffe in großer Zahl vorwiegend die Infizierten hin. Nicht so bei CuViD-21. Unter den Infizierten gab es kaum Todesopfer. Im Gegenteil – die Gesunden starben. Infizierte griffen Gesunde nämlich recht aggressiv an, sobald diese sie irgendwie und irgendwo wahrnahmen. Gesunde wurden dabei in wenigen Fällen, wenn sie es schafften, davon zu kommen, durch Bisse selbst mit dem Virus infiziert oder wurden ansonsten von den Infizierten in den häufigsten Fällen lebendig aufgefressen. Ein grausamer Tod, kann man sich vorstellen, wenn man die Todesschrei schon einmal hören musste.
Die Infizierten, auch Cumbies genannt, gingen dabei meist in Horden auf ihre Opfer los. Sie schienen von Wut und Gier getrieben zu sein. Die Sprache und das rationale Denken war ihnen völlig abhanden gekommen. Dafür hörten sie sehr gut und konnten rennen wie der Teufel.
Wenn Einzelne einige Male Gesunde rissen und verzehrten, verließen sie träge ihre Horden. Ihre Aggressivität schien dann zu schwinden. Dann suchten sie sich in aller Ruhe einen dunklen Ort, wie Keller von Häusern, Tiefgaragen oder Tunnel, um sich zurückzuziehen. Von dort kamen sie nicht wieder.
Was stattdessen aus diesen Rückzugsorten zurück kam, war etwas völlig Anderes. Etwas, das die Welt vermutlich noch nie vorher gesehen hat.

Als meine Frau und ich so etwas das erste Mal beobachteten, glaubten wir zunächst, dass es sich um ein uns unbekanntes, aus dem Zoo entflohenes Tier handele. Es war gut zweieinhalb Meter hoch, hatte lange, muskulöse Arme, die fast bis zu den Knien reichten, mit handartigen Klauen und schwarzen, spitzen Krallen.
Die Knie waren hinten, die Beine lang und drahtig. Statt Füßen, hatte es ein weiteres, vergrößertes paar Hände. Sein Kiefer, fast so ausgeprägt wie der eines Schimpansen. Es war völlig Nackt und die Haut glich eher der eines Nilpferdes. Grau und glatt. Perfekt getarnt in der Dunkelheit.
Seine reptilienartigen Augen saßen tief im knöchern wirkenden Schädel und waren pechschwarz. Wie bei einem Wolf, waren seine Ohren spitz und beweglich.
Und es war ein ES! Ja, es schien keinerlei äußere Geschlechtsorgane aufzuweisen. Das konnten wir ziemlich gut mit unseren, vom Vater meiner Frau geerbten Zeiß-Feldstechern erkennen.
Wir sahen später noch viele dieser Viecher. Am Tage niemals direkt im Sonnenlicht. Aber im Schatten und in der Nacht. Ihnen scheint das Sonnenlicht nämlich nicht zu behagen. So flüchten sie davor.
Unter den Überlebenden der Seuche setzte sich der Name "Nachtmahr" für diese Cumbie-Mutanten durch.

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Beim Plündern eines Kneipenkellers entdeckte ich einmal, in einer dunklen Ecke, eine Art gräulich, haarigen Kokon. Im Inneren schien sich etwas zu bewegen.
Neugierig wie ich war, schnitt ich mit meinem Jagdmesser in den Kokon und erschrak fürchterlich.
Ein Infizierter befand sich darin. Er zeigte offenbar bereits erste Anzeichen der Mutation. So war die Haut bereits verändert. Sein gesamter Körper schien zu pulsieren, die Adern waren weit geschwollen und pechschwarz.
Später sahen meine Frau und ich noch häufiger solche Kokons beim Plündern. War es ein leerer Kokon, war meist eine dieser Kreaturen nicht weit.
Ein leerer Kokon war also gar ein gutes Zeichen dafür, schnell wieder zu verschwinden und die Sicherheit des Sonnenlichtes zu suchen. Denn oft lag in einer dunklen Ecke, unweit eines leeren Kokons bereits ein Nachtmahr auf der Lauer.
Aber auch einem bewohnten Kokon sollte besser aus dem Weg gegangen werden. Man sieht nämlich von außen nicht, wann der Nachtmahr darin schlüpfen wird. Dies kann jederzeit geschehen.

Nun sitze ich hier in dieser staubigen alten Lagerhalle und warte. Es ist vermutlich der erste Tag seit Jahren, an dem ich so etwas wie Hoffnung in mir spüre, Hoffnung zulasse. Ja, überhaupt einen Gedanken mit diesem Wort wage zu denken.
Es sind noch ein paar Stunden, bis ich vom Konvoi der neu gegründeten Nordeuropäischen-Union abgeholt werde.
So nutze ich die Wartezeit, meine Erinnerungen an die vergangenen Jahre in mein Tagebuch zu schreiben.

Weiter geht es im nächsten Teil "Kapitel 1 - Wulf".

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Hello @quantumg
I knew you were a writer! You have finally come out and now we know you. This is wonderful in so many ways. It is sly, and clever and relevant and at the same time funny. CuViD-21!
The best science fiction is social commentary, and we have that in spades here. My one complaint is that it left me wanting more as you stopped writing. I'm looking forward to the next segment.

Congratulations on 'coming out' as a writer. I hope more people see this. It deserves attention.

Good morning @agmoore,

I remember you encouraged me to do it, once. It was in a comment on an LMAC post.
It wasn't the first time your words encouraged me to do something. And it was your words, among others, that encouraged me to take this step.
So I am very happy that you like it. :-)

My one complaint is that it left me wanting more as you stopped writing.

Haha. My first attempt to create a cliffhanger was apparently successful. Yeeha! xD

Thank you very much. Your words are always appreciated!
Thank you also for the tip.

It wasn't the first time your words encouraged me to do something

How happy you make me. It's heartening to know I might have made a difference.

I am so impressed by how talented you are in so many areas. I'm double impressed because your talent comes not with arrogance, but with grace and generosity. I've said it before--you're a natural teacher. And, you are creative, amazingly creative in different spheres.

If you ever are inclined to write a small piece, a casual piece, but not a serial: I'm helping out over at the Ink Well. That came about because I want to see that community grow. I want a place on Hive where writers can feel comfortable and welcome. There are rules: only English. No hate. No violence against women and girls (isn't it horrible that this has to be a rule???). Not usually longer than 1000 words, though this is not a firm ceiling. We have writers of all skill levels. I personally love to see the struggling writers develop. You are not in that class :)) You are a writer.

Check it out sometime. It might be fun.

Looking forward to the next segment of this piece. I know you have surprising developments planned.

Congratulations @quantumg! You have completed the following achievement on the Hive blockchain and have been rewarded with new badge(s) :

You received more than 10000 upvotes.
Your next target is to reach 15000 upvotes.

You can view your badges on your board and compare yourself to others in the Ranking
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