Es gibt immer mehr Worte, die wir mit Bedeutung überladen und sie deshalb missverständlich einsetzen, da jeder Mensch etwas Anderes unter ihnen versteht. Insbesondere Worte wie "Freundschaft" und "Beziehung" füllt jeder Mensch mit anderen Emotionen, weswegen sie unterschiedlich oft und in unterschiedlichen Kontexten verwendet werden.
Was ist deine Freundschaft überhaupt? Was unterscheidet sie von einer Kameradschaft oder einem Mitarbeiter? Ab wann wird etwas zu einer Freundschaft?
Ich habe eine neue Freundin gewonnen, die mir sehr offen erzählt hat, dass sie mit jemandem zusammen ist, den ich auch kenne und von dem ich das nicht erwartet habe. Nicht nur das, sie erzählte mir auch, dass er ganz anders ist, wenn die beiden allein sind, und dass er scheinbar nur eine Rolle spielt, wenn er sich in einem größeren Kreis befindet. Bemerkt hatte ich, dass er manchmal weniger derb war, aber genauso schnell zurückkehren konnte zu seinem Schauspiel: der junge Mann, der Witze macht, deren Pointe fragwürdig ist, sodass man manchmal lacht, weil es wirklich lustig ist (meistens, weil es wahr ist), und manchmal eben nur, weil man seine Scham nicht anders ausdrücken kann. Aber dieses Bild von einem ganz anderen Menschen, der er eigentlich ist, prägte vor allem seine Freundin.
Warum ist sie eine neue Freundin für mich? Als erstes ist zu sagen, dass wir uns noch nicht lange gut kennen. Wir haben bis vor drei Wochen nur wenige Worte gewechselt und wussten, dass der andere existiert, aber sie hat nach einem ersten Gespräch gesagt, dass sie gar nicht erwartet hat, dass ich "so bin". Wir hatten ein recht offenes Gespräch über die Dinge, die gerade unsere Leben betreffen, und wie sehr wir sie schätzen oder wie sehr sie uns belasten. Dabei war nichts gespielt, wir hatten keine Hintergedanken und haben nicht versucht, der anderen Person Informationen zu entlocken, die uns irgendwann nützlich sein oder die wir über die Person verbreiten könnten. Und um ehrlich zu sein, habe ich ein solches Gespräch lange vermisst. Vor allem, da es diesmal so ist, dass die Person, zu der ich ehrlich war, nichts Sexuelles von mir will. Wir quatschen einfach über die Dinge, die so passieren, und verurteilen, wie sehr andere Menschen ihre eigenen Gedanken und Gefühle auf ihre Mitmenschen projizieren.
Gerade in meinem Leben gibt es gerade ein paar Menschen, die mehr von mir wollen, als ich ihnen zu geben bereit bin. Das hat unterschiedliche Gründe, aber vor allem will ich einfach mal keine Verpflichtungen eingehen. Ich kommuniziere anfangs klar, wie es laufen kann und zu was ich bereit bin, aber auch, was für mich überhaupt nicht geht und wo ich nicht hinmöchte. Meine Gesprächspartner schienen diesen Ideen, diesen Konzepten, immer zugetan und freuten sich richtiggehend, weil sie sich damit anfreunden konnten und angeblich selbst mit ähnlichen Gedanken gespielt hatten. Außerdem wäre es überhaupt kein Problem für sie, wenn ich nicht monogam leben würde. Eigentlich wäre es ihnen sogar teilweise egal, oder vor allem wäre ihnen wichtig, dass ich dabei nicht zu Schaden komme (weil sie ja noch Ansprüche an mich hätten, nehme ich an.
Rekapitulierend kann ich nur sagen, dass zu viel gelogen wurde und wird, wenn es um solche Konzepte geht. Sobald ich (leider Gottes) offen sagte, dass da noch jemand neben ihnen existierte, waren sie erbost und ärgerten sich, dass ich tatsächlich tat, wovon ich gesprochen hatte. Funktioniert es denn normalerweise anders? Sagen Frauen normalerweise "das wird übrigens nicht monogam laufen", damit die Partnerschaft dann -gerade anfangs- mehr befeuert wird? Außer, weil sie mit ihren Partnern spielen wollen, gibt es meiner Meinung nach keinen Grund, diese Aussage zu tätigen, es sei denn man meint es ernst. Tja, und genau da liegt das Problem. Scheinbar halten die meisten Menschen es für ein Spiel, wenn man so etwas sagt, und verschwenden keinen Gedanken daran, dass auch nur ein Funke Wahrheit daran sein könnte.
Zurück zur Freundschaft allerdings. Wieso denke ich, dass das eine Freundschaft ist? Nicht, dass ich viele Freunde in meinem Leben gehabt hätte, aber wir arbeiten problemlos zusammen und helfen einander (was erstmal nur einer Zusammenarbeit/Kameradschaft entspricht), können jedoch auch persönliche Themen sehr detailliert besprechen, haben dann auch noch eine ähnliche, wenn nicht die gleiche, Meinung zum Thema und können über die gleichen Witze lachen. Wir haben nicht nur gemeinsam, dass wir Frauen sind, sondern dass unser Denken in dieser Zeit so ähnlich ist, dass wir uns sehr gut verstehen.
Um genauer zu werden: Es ist eine Freundschaft für mich, und zwar jetzt schon eine gute Freundschaft, weil ich das nicht mit jedem oder jeder haben kann. Ich habe für sie keinen Ersatz, keine Alternative, kann von ihr einzigartige Ratschläge aus einer einzigartigen Perspektive erhalten und bin unendlich dankbar um diese Option. Nie war es so schwer, sich korrekt und ohne Missverständnisse mitzuteilen. Deshalb bin ich einfach nur froh, wenn ich jemanden finde, bei dem ich mich nicht zurückhalten brauche und einfach erzählen kann, ohne dafür verurteilt zu werden.
Vielleicht schreibe ich das nächste Mal meine Gedanken zum Wort "Beziehung" auf, denn das soll vorerst genug sein.