Hallo liebste Steemers,
Es ist ja lange her, war ich das letzte Mal hier im Steemit-Land. Ich habe es, aufgrund so vieler anderer Aktivitäten und Geschehnisse, ein wenig aus den Augen verloren. Heute aber, meine Freunde, bin ich wieder voll dabei.
Was seit letztem Jahr alles so abging? Nun, Einiges. Während ich das neue Jahr im Jungel von Guatemala- zwischen Brüllaffen und Krokodilen einläutete, habe ich mir Eines vorgenommen: dankbar zu sein. Denn in meinen Jahren auf diesem Planeten habe ich bemerkt und erkannt, dass Dankbarkeit das grösste Geschenk ist, was man sich selbst geben kann. Denn Güter, Momente, Menschen, es alles vergeht. Altes verschwindet, Neues erscheint. Wenn man aber eine Dankbarkeit im Herzen für Momente zu kultivieren lernt, mögen die Momente auch nicht immer angenehm sein, erkennt und anerkennt man den Moment selbst. Man lebt den Moment, ob er nun gut oder hundsmiserabel ist: wenn man ihn als Lehre, als Geschenk, zu sehen lernen kann, sagt man ja dazu. Man akzeptiert ihn und entsprechend ist sich des Moments bewusst. Wie auch immer, das habe ich mir also vorgenommen. Gelungen ist es mir teilweise - denn ich habe nicht daran gedacht, dass ich die Momente, wo ich genau dies völlig vergesse und in Selbst-Mitleid und Gram mich wälze, ein Moment ist, in dem ich lerne, für den ich dankbar sein kann. Das Leben - es bleibt ein Prozess. Mit Hindernissen, mit Mücken und Stichen, mit Regen und Tränen.
Ich habe in diesen 8 Monaten dieses Folgendes erlebt: Ich bin ein weiterer Monat im Jungel gewesen, ich habe dabei tiefste innere Ängste durchlebt, Wahnvorstellungen und Panikattacken durchstanden, in denen ich gelacht und gleichzeitig geweint habe, ich habe die schönste Unterstützung von meinen Freunden und Genossen genossen, ich habe einen frischen Morgen erlebt, in dem ich einfach so tief dankbar war, leben zu sein, wie ich es seit meiner Kindheit nicht mehr erlebt hatte. Ich habe das Land erkundigt, die schönsten Nebelberge erkundet, in denen ich als einziger Mensch weit und breit umherwanderte und mich ob der Vielfalt an Riesenfarn und Flechten erfreute. Als hätte ich eine neue Welt endeckt, denn da war nichts ausser Wald und Wolken. Ich habe in Sulfurbädern mich auskuriert vom Stress des Jungels, ich habe Strassenkunst in den Strassen Guatemala's betrachtet. Ich habe Schokolade gegessen, mit meiner Schwester das Meer und die Sonnenuntergänge im Süden Guatemala's genossen. Anfangs April dann ging es in die Berge. Wir halfen den Armen. Und dies sah folgendermassen aus:
Wir wohnten bei Adele, einer einheimischen Frau, mitte 50, alleinerziehende Mutter eines jungen Mannes. Das Haus - eines der besseren im Städchen - ist gebaut aus Backsteinen und Blechdächern. Der Eingang, eine eiserne Türe, führte direkt in die kleine Kirche - wie es so oft der Fall ist in dieser Gegend. Plastikstühle links und rechts, ein Altar mit ein paar Blumen, Bildern von Jesus und Maria, Kerzen. Anschliessend kamen ihre Zimmer. Einfache zwei auf zwei Meter grosse Zimmer mit Vorhang - keine Türe. Sie hatte aber einen TV - schon fast Mittelklasse in dem Falle. Ihre Küche war noch rustikaler: ein kleiner Holzofen - Herd, ein kleiner hölzerner Tisch, gefüllt mit Plastik-Geschirr, ein kleiner Gasherd und in der Ecke ein einfacher Schrank. Pfannen hingen überall an der Wand. Das Wasser holte sie von nebenan - eine einfache Vorrichtung, auch genannt Pila. Doch da es in der Zeit, in der wir sie besuchten, kaum regnete, musste sie das Wasser aus dem Vrhof schleppen, in die Pila leeren, und von da es in die Küche holen. So war es denn auch sie, die um 5 Uhr morgens aufstand um Wasser zu holen, in eine Kanne zu füllen, Holz zu sammeln und ein Feuer zu entfachen, das Wasser zum Kochen zu bringen und uns dann um 8 Uhr lächelnd mit frischem Kaffeewasser Guten Morgen zu heissen.
Doch mehr dazu in einem späteren Blog. Denn diese Zeit verdient ihren eigenen Blog. Sovieles aber vorweg: wir haben zwei Personen behandelt, welche einen Hirnschlag erlitten. Beide können, nach jahrelanger Lähmung, wieder gehen.
Nach einem Monat täglicher Klinik für 12 Stunden am Tag, ging es wieder zurück in die Stadt. Zu dem Zeitpunkt hatten wir ca. 50 USD, doch es reichte für ein paar Tage in Antigua. Ich ging entsprechend nach 15 Monaten wieder in die Schweiz. Und der Aufenthalt gefiel mir sehr. Trotz der Befürchtung, ich würde mich nicht zurechtfinden, konnte ich die Zeit mehr geniessen als je zuvor, freute mich auf all die guten Naschereien, die Schockolade, das Brot, die Butter, gutes Bier. Ich genoss Freunde und die trockene Luft, die Frische und tägliche drei Mahlzeiten. Und ich genoss sehr meine Familie wieder zu sehen.
Doch nach 5 Wochen ging es bereits wieder zurück - zurück in die wilde Welt, die echte Welt. Die Welt der Spontanität, der Armut, der Desorganisation, der Korruption, der Hitze. Seit meiner Ankunft lebten wir in Antigua und genossen unsere Freiheit. Sie ist zwar weder finanziell noch materiell, dafür spiritueller Art. Wir haben die Zeit, aufzustehen, wann wir wollen, zu tun, wonach uns ist. Zu helfen, wie wir können. Es ist ein Leben, in dem wir von Tag zu Tag uns zurecht zu finden wissen, ohne zu wissen, was morgen sein wird. Es raubt einem anfangs die Geduld, es mangelt an Zuversicht, doch mit der Zeit erkennt man, dass es funktioniert. Und es mangelt uns kaum jemals an irgendwas.
Momentan sind wir wieder im Jungel, wieder in der Hitze, der Schwüle, und ich geniesse es. Denn wie alles, ist auch dies einfach nur eine momentane Realität, in der ich mich zurechfinden kann, welche ich schätzen und lieben lernen kann, auch wenn nicht alles wünschenswert ist. Doch perfekt ist alles, denn am Ende werde ich Erinnerungen mitnehmen, kein Geld, keine AHV und keine Zeit. Alles, was ich mitnehmen kann, ist, was ich in meinem Leben erlebt habe.
Und so geht ein Tag zu Ende, in dem ich gehackt wurde und Kryptos verlor, bei dem ich meine neue Website endlich fertiggestellt habe, in dem ich Pasta kochte für meine Freunde, in dem ich eine Tasse Kaffee trank, wir um die zehn Menschen gratis behandelten, ich zwei Hände gratis las, mit meinem Vater telefonierte und schwitzte. Ein perfekter Tag, der mich Einiges lehrte.
The TAO - die Kraft, die hinter allem steckt, in aller Form erscheint und aller Erscheinung steckt. Die Kraft hinter dem Ersichtlichen, welche an den Tag legt, was zu erkennen bereit ist. Sei wie Wasser, resistiere nicht, lerne, um Hürden, Schwierigkeiten, Mühseligkeiten zu gleiten, sie aufzunehmen, wie das Wasser um Steine gleitet, sie in sich aufnimmt. Das Wasser ist die diese Kraft - man kann es nicht fassen, denn es zergeht in der Hand. Doch man kann die Hand in sie tauchen und ihre Kraft, ihre Vitalität, ihre Frische spüren, ohne dass man es halten muss.
Ich wünche einen schöpferischen Tag.
(Aufgrund schlechten Wifis im Jungel kann ich nicht mehr Videos uploaden. Für mehr Impressionen, check out:
Gruss
Flurin
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Einkommen. Jede Spende hilft mir, meinen Traum zu verwirklichen und indirekt den Armen. Danke.
Einen tollen Bericht mit guten Gedanken hast du geschrieben.
Ihr macht eine sehr wertvolle Arbeit.
Alles Gute wünsche ich.
danke für die netten Worte. Es ist allerdings eine erfüllende Arbeit.
Nein, macht er nicht, siehe letzter Beitrag (und viele andere davor).