Isabella Klais / Aufbruch - Wir für Deutschland!
Unser Freund Erasmus Konsul widmet sich hier mit großer Sachkenntnis der Problematik des Handelsabkommens zwischen den USA und China als Vertrag zu Lasten anderer Staaten, darunter maßgeblich Deutschland.
Die derart Benachteiligten werden Mittel und Wege finden müssen, um dieser ruinösen Tendenz entgegenzutreten. Als Schritt in diese Richtung muß Rußlands derzeitige Ölpreispolitik gewertet werden, die einen Angriff auf die kostenintensive Erdölförderung der USA darstellt. Mit niedrig gehaltenem Erdölpreis sollen die US-Erdölförderer vom Markt und in die Insolvenz gedrängt werden.
Sehr bedeutsam ist der Hinweis des Autors auf den US-Dollar und seine Stellung als Weltwährung. Mit ihm steht und fällt die Position der USA als Hegemon. Die Mißachtung dieses Zusammenhanges bezahlten schon einige Staatslenker mit ihrem Leben. Helmut Kohls Volksverrat bei der Aufgabe der DM entgegen dem ihm bekannten entgegenstehenden Willen der Bevölkerung muß auch in diesem Lichte betrachtet werden. Die DM fungierte in vielen Staaten als begehrte Reservewährung. Ihr Verschwinden spielte vielen in die Hände.
Herzlichen Dank an Erasmus Konsul für diesen hervorragenden Beitrag.
Handel als Instrument von Machtpolitik - Der „Deal“ zwischen Washington und Peking
von Erasmus Konsul
Das im Januar zwischen China und den Vereinigten Staaten geschlossene Handelsabkommen, das die teilweise aggressiven außenhandelspolitischen Auseinandersetzung zwischen diesen beiden Giganten der Weltwirtschaft beenden soll, sieht vor allem folgende wesentliche Punkte vor: Verstärkte Marktöffnung von Seiten Chinas und eine Art Abnahmeverpflichtung des Reiches der Mitte für US-Waren. Dafür sind die USA bereit, bestimmte Zölle für chinesische Waren zu senken und auf die Einführung neuer Zölle zu verzichten. Dies könnte laut einem Artikel der Deutschen Wirtschaftsnachrichten (DWN) gegen die Bestimmungen der Welthandelsorganisation (WTO) verstoßen, weil ein solcher Vertrag zur Förderung eines „gelenkten Handels“ (managed trade) zu Lasten Dritter gehen könnte.
Ein tragendes Prinzip der WTO ist das der sogenannten „Meistbegünstigung“, auch Meistbegünstigungsklausel genannt: Demnach müssen - vereinfacht ausgedrückt - Handelsvorteile, die einem Handelspartner gewährt werden, allen Handelspartnern gewährt werden, um Benachteiligungen und Asymmetrien im Welthandel zu verhindern. Grundgedanke dahinter ist die liberale Vorstellung, dass ein freier Außenhandel über das Gesetz des komparativen Kostenvorteils, das auf den englischen Ökonomen Ricardo zurückgeht, letztlich zu einem Wohlfahrtsgewinn für alle führt. Etwas schlagwortartig könnte man sagen, dass jedes Land - oder jede Region - das produzieren soll, was es aufgrund seiner geographischen und demographischen Gegebenheiten am besten kann. Zwar ist dieses Prinzip nie in „Reinkultur“ verwirklicht worden. Durch das Stocken des WTO-Prozesses und seiner „Doha-Runden“ wird der Multilateralismus im Welthandel schon lange durch das, was freihandelsorientierte Länder wie Deutschland oder die Schweiz als „second best“ bezeichnen, ersetzt, nämlich den Abschluss bilateraler Handelsverträge mit bestimmten Staaten oder Staatengruppen. Beispiele hierfür sind etwa Abkommen der EU, an die die Mitgliedsstaaten ihre Außenhandelspolitik delegiert haben, mit Ländern wie Japan oder dem Mercosur, einem Zusammenschluss südamerikanischer Länder. Aber dennoch gelten auch für solche Handelsabkommen Regeln, die verhindern sollen, dass sie sich nicht zu sehr gegen Dritte, also nicht an diesen Abkommen beteiligte Staaten, richten, sondern im Gegenteil ein Schritt in Richtung eines universalen Freihandelssystems sind, indem sie den Warenverkehr in bestimmten Regionen oder zwischen ihnen fördern.
Hiervon könnte sich das nun geschlossene Handelsabkommen zwischen Washington und Peking grundsätzlich unterscheiden und wird es wohl auch tun, falls es umgesetzt wird: Ein wichtiges Element dafür ist die beschlossene Abnahmeverpflichtung der Chinesen für US-Waren. Dies ist leicht ersichtlich: Denn wenn der chinesische Staat seine Firmen „anweist“, bestimmte US-Waren zu erwerben, um dem Abkommen zu entsprechen, können diese natürlich nicht bei Dritten einkaufen, was - wie die DWN schreiben - etwa Deutschland als wichtigen Warenexporteur treffen könnte oder Russland als Lieferanten von Erdöl oder -gas. Eine solche Umsetzung des Abkommens würde also gegen eine tragende Säule der WTO-Regeln, das Meistbegünstigungsprinzip verstoßen und zu einem „gelenkten“ Handel führen. Daraus ergeben sich verschiedene Folgerungen hinsichtlich der amerikanischen Politik, die bei weitem nicht nur den Außenhandel, sondern das Machtspiel zwischen den Großmächten betreffen:
- Die USA haben ihre weltpolitische Stellung nach dem zweiten Weltkrieg ganz entscheidend auf der Dominanz ihrer Volkswirtschaft und ein System ökonomischer Institutionen aufgebaut, das diese absichern sollte. Hier haben sich aber die Gewichte in den letzten Jahren stark verschoben und die Position der USA wie auch der europäischen Länder haben sich zumindest relativ verschlechtert, was nicht zuletzt an dem unmittelbaren Vergleich USA - China deutlich wird: So haben die Chinesen 2018 2400 Mrd. $ an Waren exportiert, die USA aber - an zweiter Stelle - 1660 Mrd. US $! Das heißt, dass die USA das „Gesamtsystem“ der Weltökonomie weder im konkreten Handel und der Wirtschaft noch im institutionellen Bereich in gleicher Weise dominieren wie dies noch vor 30 oder 40 Jahren der Fall war. Trump hin oder Trump her, vor dem Hintergrund der massiven Deindustrialisierung, die der Unfähigkeit der USA geschuldet ist, sich in einem solchen freien Handelssystem mit ausreichend konkurrenzfähigen Produkten zu positionieren, ist das Ausmaß ihres Interesses am freien Welthandel gesunken. Deshalb versuchen sie jetzt, die Bedeutung des nordamerikanischen Marktes für viele Exportländer auszunutzen und diese damit zu erpressen. Da kann man nur sagen: Welcome to the Club, von Berlin bis Peking, von Tokyo bis Delhi! Dies spricht dafür, dass der gelenkte Handel in Zukunft noch an Bedeutung gewinnen, die Politisierung des Ökonomischen zunehmen wird.
- Ein weiteres Feld ist die Energie: Das Abkommen zwischen China und den USA ist eine Fortsetzung der bereits vor Trump begonnenen US-Politik, eine Energiedominanz zu erreichen. Das reiht sich ein in die US-Maßnahmen hier in Europa gegen North Stream II, wo zurzeit anscheinend auch ein russisches Verlegeschiff mit Sanktionen verfolgt wird, das aus dem Fernen Osten in die Ostsee unterwegs sein soll. Hintergrund ist, dass die USA über ihre „Fracking-Methode“ zunehmend Gewicht als Energieproduzent gewinnen. Dies allerdings mit einer Methode der Exploration, dem Fracking, das im Vergleich zu den klassischen Energielieferanten wie Saudi-Arabien und Russland von der Kostenseite her nicht konkurrenzfähig ist. Deshalb versuchen sie, einen Teil dieser Energieproduzenten vom Markt zu verdrängen und/oder politisch und ökonomisch zu isolieren. Beispiele reichen von Russland über Venezuela bis Iran.
- Damit kommen wir zu einem dritten Element, das zunehmend an Bedeutung gewinnt, sich fast inflationär ausdehnt: Die Politik der Wirtschaftssanktionen. Dabei spielt neben der Isolation von Warenströmen, mit denen bestimmte Länder „bestraft“ werden sollen, die nach wie vor dominante Rolle des US-Finanzsektors eine wichtige Rolle. Über das sogenannte Dollarclearing kann die US-Notenbank nahezu jeden ihr nicht genehmen Teilnehmer vom Welthandel ausschließen, weil sie ihm den Zugang zur Weltwährung Dollar versagt. Schweizer Banken, aber auch Staaten und Unternehmen von Teheran bis Caracas oder Moskau mussten diese traurige Erfahrung machen.
Fazit: Die US-Strategie zur Eindämmung anderer Mächte wie Russland, China und eben auch Deutschlands ist viel kohärenter als viele angesichts der verschiedenen Auflagen der Donald-Show denken mögen. Die Politisierung des Ökonomischen wird weiter zunehmen. Vieles spricht dafür, dass das Zusammenspiel der drei genannten Faktoren - gelenkter Handel mit sukzessiver Aufgabe des Freihandels, Streben nach Energiedominanz und wirtschaftliche Sanktionspolitiken - zu einem weiteren Prozess der Fragmentierung der Weltwirtschaft in „Blöcke“ führen wird: Denn andere - und dies vermutlich in steigender Anzahl - werden sich gegen die diese Methoden Washingtons wehren. Deutlich sichtbar ist dies bereits bei der sogenannten Belt and Road-Initiative, besser bekannt unter Seidenstraßen-Initiative, Pekings, wo sich bereits Elemente für die Herausbildung eines „Gegenblocks“ finden, sowohl hinsichtlich wirtschaftlicher Zusammenarbeit als auch finanzpolitischer Instrumente. Ein ganz entscheidendes Kriterium wird letztlich sein, ob es einem solchen Block gelingen könnte, sich von der Dollarwirtschaft abzukoppeln.
Bleibt abschließend nochmals anzumerken, dass es hier natürlich nicht „nur“ um Wirtschaft geht, sondern „Wirtschaft“ ein Element der politischen Macht ist und damit auch ihrer Fortsetzung mit militärischen Mitteln. Ich habe in diesem Zusammenhang schon auf das "strategische Perpetuum mobile“ hingewiesen und kann es nicht oft genug wiederholen: Ohne Dollar als Weltwährung keine militärische Dominanz der USA und ohne diese keinen Dollar als Weltwährung. Es wird also auch in Zukunft nie um Demokratie und Menschenrechte oder „die Freiheit“ gehen, wenn der Hegemon zum militärischen Rapport oder dessen politische Unterstützung „bittet“ (wie dem geneigten Leser dieser Zeilen vielleicht deutsche Politiker einflößen mögen), es geht - frei nach Egon Bahr - um Interessen von Staaten. Und die Interessen der USA sind in diesem Handelsabkommen wieder einmal sichtbar geworden.