[DE] Mein Fahrrad und mein Nachbar

in #deutsch6 years ago

Wie angekündigt mal kein Kampfkunst-Content, sondern etwas aus meinem Leben außerhalb des Trainings :)  


Ich habe wohl einen Führerschein, aber kein Auto. Bisher brauchte ich auch keins, da ich hier in Wilhelmshaven überall gut zu Fuß oder mit dem Fahrrad hinkomme. Manchmal bin ich auch mit dem Longboard unterwegs, je nachdem, worauf ich gerade Lust habe - alle drei haben ihre Vorzüge. 

Zur Arbeit fahre ich aber meistens - okay, eigentlich immer - mit dem Fahrrad. Das war auch bisher stets unproblematisch, das wilhelmshavener Wetter an der Nordsee hat mich soweit abgehärtet, dass Regen und Sturm mir nichts mehr ausmachen.  Für mich war das wie bereits erwähnt keine großartige Belastung, bei meinem Fahrrad jedoch machte sich der tägliche Gebrauch nach und nach bemerkbar. Hin und wieder gingen einige Bestandteile kaputt, doch da ich selbst handwerklich recht unbeholfen war, brachte ich nach etlichen fehlgeschlagenen eigenen Versuchen mein Fahrrad in die Werkstatt, um es dort reparieren zu lassen. Dann lief alles monatelang wieder super!  

Dies änderte sich aber nach einem bestimmten Ereignis:  Mein Fahrrad hatte einen Platten, nachdem ich dummerweise über eine Scherbe gefahren bin und ich wollte den Schlauch selbst flicken, da ich zu dem Zeitpunkt pleite war und nicht wieder zur Werkstatt konnte. Ich erwähnte bereits, dass ich handwerklich unbegabt bin, richtig? Richtig. - Selbst eine leichte Aufgabe wie diese (Rad abmontieren, Reifen vom Rad lösen, Schlauch rausnehmen, Loch ausfindig machen und flicken, usw.) bereitete mir Schwierigkeiten. Nach einer gefühlten Ewigkeit habe ich es dann auch geschafft... dachte ich. 

Bei der nächsten Fahrt verlor mein Reifen wieder bzw. immernoch Luft . Super. Und wieder dieselbe Prozedur wie zuvor! Dann aber kam mein Nachbar dazu. Ich weiß nicht, wie er heißt, wie alt er ist (mindestens 40) und woher er kommt - deutsch spricht und versteht er auch nur brockenweise. Er sagte mir, er habe mich schon letztes Mal dabei beobachtet, wie ich mein Fahrrad reparieren wollte und bot mir seine Hilfe an, die ich auch annahm. Eine Entscheidung, die einen Teufelskreis in Gang setzte.  



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Nachdem er sein Werkzeug holte und anfing, mein Fahrrad zu reparieren, kamen wir ins Gespräch und er teilte mir mit, dass er aktuell arbeitslos sei. In seinem Heimatsland habe er vorher wohl in einer Fahrrad-Werkstatt gearbeitet, hier in Deutschland aber finde er keine Arbeit. Er tat mir leid.  Wenig später war er auch fertig und für seine Hilfe gab ich ihm ein wenig Geld. Er schien sehr glücklich darüber zu sein und das stimmte mich ebenfalls glücklich.    Hin und wieder begegnete ich ihm, ab und zu fragte er mich auch nach ein wenig Kleingeld, welches ich ihm auch meistens gab - schließlich war ich noch immer dankbar für seine Hilfe, meinem Fahrrad ging es noch immer gut. 

Irgendwann war es aber wieder so weit, doch für die Reparatur hatte ich keine Zeit und ich war einige Tage stattdessen mit dem Longboard unterwegs, während mein Fahrrad weiter im Hof stand. Eines Morgens klingelte mein Nachbar an der Tür und bot mir wieder seine Hilfe an. Natürlich nahm ich an und belohnte seine Arbeit nochmals.  

Ab jetzt beschleunige ich das Ganze mal: Mein Fahrrad hatte seither immer häufiger einen Platten, unabhängig davon, wer es reparierte - sei es jemand von einer Werkstatt, mein Nachbar oder ich selbst gewesen. Neue Schläuche und Reifen änderten auch nichts an der Situation. Die Löcher entstanden auch stets an anderen Stellen, merkwürdigerweise auch an Stellen, an denen Scherben und dergleichen unter normalen Umständen eigentlich nicht ran kommen sollten... ihr wisst, worauf ich hinaus will.    
Von da an reparierte ich mein Fahrrad stets selbst und lehnte höflich ab, wenn mein Nachbar wieder helfen wollte. Mittlerweile kann ich das doch recht gut und seitdem ich die Arbeit selbst erledige, ist auch nichts mehr vorgefallen.  
In der Zeit habe ich mich übrigens selbst auch ein wenig besser kennengelernt: Früher hätte ich mich über ein kaputtes Fahrrad tierisch aufgeregt; heute rege ich mich eigentlich nie auf, da ich es für Kraftverschwendung halte. Diese Einstellung habe ich mir meiner Meinung nach teils durch die Kampfkunst angeeiget. Auch ist mir durch das ständige Reparieren bewusst geworden, dass ich mit dem richtigen Willen doch mehr schaffe, als ursprünglich gedacht - wie damals und heute noch beim Training. Wie immer sehe ich überall Parallelen :P 

Meinem Nachbarn war ich auch nie böse, letztendlich weiß ich auch nicht hundertprozentig, ob er was damit zu tun hatte.  
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Sooo, das war es auch schon. Mal was anderes und es tat gut :)  

Bis dann!  

Dein Kampfzwergasiate 

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Da hast du ja ordentlich was mitgemacht. Wenn man aufs Rad angewiesen ist (dazu zähle ich mich auch) kann das schon Nerven, wenn ständig irgendetwas damit ist. Dein hilfsbereiter Nachbar scheint die Situation ausgenutzt zu haben. Wie auch immer, sollte man nicht urteilen. Das Positive an der ganzen Sache ist doch, dass du selbst stärker geworden bist und eine dankbare Lektion fürs Leben bekommen hast.

Ja, das war schon nervig, aber zum Glück habe ich zwei gesunde Füße, die mich auch von A nach B befördern können :)

Das Positive an der ganzen Sache ist doch, dass du selbst stärker geworden bist und eine dankbare Lektion fürs Leben bekommen hast.

Sehe ich auch so, sowieso kann man aus jedem Hinder- und Ärgernis eine Lehre ziehen.