In manchen Fällen sind nur ein paar Takte und wenige Zeilen Prosa nötig.
Ich denke, das sollten die Experten für Psychoanalyse und moderne Reinigungstechnik unter sich ausmachen, ob man mehr über eine Person erfährt, wenn sie sich selbst als Staubsauger bezeichnet (und dabei aus Fleisch, Blut und stabilen Knochen besteht). Wer sich berufen fühlt, dazu etwas zu sagen, kann das gerne tun, aber bitte nicht in der Hoffnung, mich von meiner Leidenschaft abbringen zu können.
Ich könnte einfach einer entsprechenden Empfehlung folgen und den Beutel mit dem Aufgesaugten in den Mülleimer werfen. Aber das wäre ungefähr so, wie wenn ich bei jemandem den Stecker ziehe (wie jener Vorgang oft umgangssprachlich bezeichnet wird). Bisher konnte ich aber keine Anzeichen dafür ausmachen, dass ich mich von meinem gesunden Menschenverstand verabschiede und mich in die Kältekammer begebe. Deshalb bleibe ich vorerst mit hoher Saugleistung am Netz.
Ich versuche, euch zu erklären, was diese Leidenschaft so spannend macht, anhand eines kleinen Beispiels und dem, was dabei in meinem Kopf vorgeht. Ich möchte gleich vorwegnehmen, dass ich hier keine Gebrauchsanleitung mit den üblichen Warnungen und Kleingedruckten schreibe. Stattdessen lade ich euch ein, ein wenig Ballast abzuwerfen. @kvinna würde hier sagen, dass ich den Inhalt einer prall gefüllten Schablone auf das weiße Papier klopfe.
Derjenige, der in diesem Fall den Staubsauger zum Leben erweckt hat, gehört zu der Minderheit von Musikern, die die deutsche Sprache spannend und dazu noch in einem kreativen musikalischen Gewand präsentieren. Die Rede ist vom Geschichtenerzähler Florian Paul. Ihn zog es einst aus dem Ruhrpott nach München, um Filmmusik zu studieren. Kaum angekommen, traf er auf ein paar Jungs und eine begnadete Bassistin, die ihm versicherten, die (seine) Band der letzten Hoffnung zu sein. Letzte Hoffnung klang wie Angelhaken, und so zog er den großen Fisch an Land.
Die Kapelle der letzten Hoffnung und Florian Paul beweisen mit ihrem neuen Album, das jetzt auf den Markt kommt, dass dies wunderbar funktioniert. Die vermittelte Botschaft könnte nicht positiver sein. Und um dem Ganzen noch die Krone aufzusetzen, liefert mir der Text des Titelsongs die Zeile, die mich zu Stift und Papier greifen ließ.
Doch jeden Tag ein bisschen besser
Ja, es ist niemals je genug
Doch heute schon viel mehr als gestern
und nichts ist verloren
solang du – träumst
wenn du noch – träumst
So stelle ich mir die Frage, ob ich noch in Träumen schwelgen kann oder ob ich mich schon ganz der Realität unterworfen habe? Welche Träume passen überhaupt zu mir? Die mit den Visionen und Hoffnungen auf Veränderungen, auf die die Menschheit seit Ewigkeiten wartet, oder die mit den ganz intimen Inhalten und dem eingewobenen Wohlfühlcharakter? Höchste Zeit, einige der Kandidaten aus beiden Lagern etwas genauer unter die Lupe zu nehmen.
Eher für Tagträume geeignet, aber immer noch ganz oben auf der Liste.:
- Der Weltfrieden
Bei mir schafft er es allerdings nicht, in den Baukasten der Visionen aufgenommen zu werden, weil ich mit diesem Thema immer den Jahrmarkt assoziiere, auf dem der Losverkäufer das Blaue vom Himmel verspricht und der bunte Luftballon schon platzt, bevor das letzte Karussell gefahren ist.
- Die Gerechtigkeit
Dieses nie ganz greifbare Ding hat durchaus das Zeug, in die Traumfabrik zu kommen. Ob ich allerdings alle Schräglagen von Feuerland bis Island mit einbeziehe, glaube ich eher nicht. Ich bleibe auf der Traumebene, auf der ich zuschauen kann, wie dem Idioten vom TÜV, der mir die Plakette letztlich verweigert hat, aus Versehen ein Lkw über die Füße fährt. Das wäre mehr als gerecht.
- Die Erforschung des Weltalls
Oh nein! Das Thema gehört für mich in die Kategorie Albtraum. Mir wackeln schon die Beine und der Magen rumort, wenn ich die oberste Stufe der Leiter im Kirschbaum erklommen habe. Zudem finde ich meist nicht im eigenen Keller, was ich dringend benötige. Wie sollte ich mich da zwischen Venus und Mars zurechtfinden? Die einzige Ausnahme mit einem kleinen Hoffnungsschimmer: Dort oben gibt es keine Sparkasse und kein Limit beim Überziehungskredit.
Ich glaube, jetzt ist klar, dass ich nicht der Typ für weltbewegende Träume bin, auch nicht an regnerischen Tagen. Ich sollte mir eingestehen, dass ich in Bezug auf das Träumen besser im eigenen Vorgarten aufgehoben bin. Greifbar und naheliegend taugt mehr für die Träumereien, die die Nacht zum Tag machen.
- Ein aufregendes und gleichzeitig erfüllendes Leben zu führen
Warum nur davon träumen? Jeden Morgen steige ich mit dem linken Bein aus dem Bett und wenn das rechte Bein scheinbar noch entspannt daliegt, sollte es eigentlich über die nötige Energie verfügen, um mir mit voller Wucht in den Hintern zu treten und mich in die Gangart zu katapultieren, die zu neuen Ufern führt. Träumen allein reicht eben nicht aus, um sich selbst zu überholen und dabei der verträumten Schlafmütze den Vogel zu zeigen.
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- Den Ort zu finden, der sich wie ein Zuhause anfühlt
Damit wäre ich wieder bei meiner andauernden Orientierungslosigkeit angelangt. Heute fühlen wir uns zu Hause und morgen doch wieder fremd. Träumen, mit dem Gefühl der Geborgenheit in einer Umarmung oder doch lieber in der Küche mit all den Geräten, die auch aus dem Nichts das Köstliche zaubern. In der Umgebung von Menschen, die Fragen nicht als Mittel der Folter sehen oder solchen, die überhaupt keine Sätze auf Lager haben, an deren Ende dieses geschwungene Etwas mit dem Punkt als Fußnote erscheint. (?)
- Eine Familie zu gründen
Die Idee an sich ist nicht schlecht, aber die Protagonisten, die ich gerne in den Hauptrollen sehen würde, sind schon in anderen Projekten involviert oder kurz davor, sich neuen Herausforderungen zu stellen. Es ist also unwahrscheinlich, dass sie sich auf dieses Projekt einlassen würden, auch wenn es nicht so dramatisch enden würde, wie ich es ebenso wenig nicht auszuschließen vermag. Außerdem bin ich ja mit meinem aktuellen Nest hochzufrieden, in dem ich seit vielen Jahren meine lädierten Federn nach einem Sturm trocknen darf.
- Gesundheit, inklusive des ewigen Lebens
Das Thema wäre ernsthaft einen Versuch wert. Das kinematische Traumerlebnis in Überlänge. Nur gilt es dabei, im Vorhinein ein paar Filmrisse anständig zu kitten. Die Oma erklärte mir einst, dass bezüglich Gesundheit über das selbst gemachte Sauerkraut und eine gepökelte Schweinshaxe nichts geht. Jahre später erklären mir die Japaner, dass der fangfrische Fisch im rohen Zustand nicht nur die Geschmacksnerven erfreut, sondern auch das Leben um den Faktor X verlängert. Auch dieser Weg gestaltet sich schwierig, da meine Frau stur und steif behauptet, wer Tiere tötet, wird auch selbst eines gewaltsamen Todes sterben. Da ich aber kein Metzger bin oder dazu berufen fühle, hoffe ich noch immer auf den wegweisenden Traum. – Vorausgesetzt, ich lebe dann noch.
- Einfach nur glücklich sein
Im Prinzip kann es nur kompliziert werden, wenn ein Satz mit „einfach nur“ beginnt. Und doch wandle ich diesem Traum entgegen. Ich weiß zwar weiterhin nicht genau, welchen Eingang ich nehme, aber der Drang, ihn zu erforschen, ist schon stark zu spüren.
Auf der ersten Tür, um in den Traum zu gelangen (der die Anleitung zum Glücklichsein gibt) steht in großen Lettern »UTOPIE« geschrieben. Eine gewisse Skepsis macht sich breit, denn aus einem bestimmten Grund erinnert mich der Begriff an Tewje, den Milchmann. Der schürte seine Hoffnung immer mit den Worten: „Wenn ich einmal reich bin …“. Die Formel „Glück = Reichtum“ scheint mir wirklich zu utopisch zu sein.
Der nächste Zugang stellt die Fantasie als Navigator zur Verfügung. Für manche mag dies magisch klingen, für mich ist dies jedoch weniger geeignet, da die Fantasie viel zu oft mit mir durchgeht. Wenn ich sie einmal an mich binden kann, versucht sie mir glaubhaft zu machen, dass mir eine aufregende Nacht mit Susanne Daubner bevorsteht. Somit gehört die Fantasie dann doch eher in die Sparte der Losverkäufer.
Die letzte Tür zur Quelle der Glückseligkeit führt mich dann doch knallhart zurück, nahe der grausamen Realität. Eine Beschriftung des Portals besagt unmissverständlich, dass nach dem Überschreiten der Schwelle nur noch der Wunsch Vater des Gedankens sein wird. Das klingt nach sehr viel Eigeninitiative. Heißt das, dass ich nur mit eigenem Zutun nach der kuscheligen Umhüllung greifen darf, die das Glücklichsein vermittelt? Garantiert ist damit jedoch gar nichts.
Scheint mir komplizierter zu sein als das Träumen selbst.
Jeder dieser Ausflüge in das Unvorstellbare
Bietet zwar seine Nischen des Wohlbefindens.
Aber diese Nischen des Wohlbefindens
Sie sind noch lange kein Garant für Behaglichkeit.
Wie friedliebend wir auch sein mögen
Vom Frühstück bis zum Abendbrot
In der Nacht wird nur ein Traum gebraucht
Und schon wird man zum Rächer ohne Gnade
Träume, die oft reich mit blühenden Girlanden geschmückt sind
Umhüllt von duftenden Rosenblättern
Fast wie ein Geschenk des Himmels
Entpuppen sich von einer Sekunde zur anderen
Als Konfrontation mit einer gestellten
Aber nie beantwortete Frage
Wir laufen von einem zum anderen
Um unsere Träume deuten zu lassen.
Der vermeintlich treue Diener Google
Wird zum edlen Helfer umfunktioniert.
Und vielleicht auch deswegen
Sind wir so begierig
Dass endlich diese UFOs landen
Und deren Mannschaft uns erklärt
Was es mit den Träumen auf sich hat
#hive #posh
👍👍👍
Konfuzius hätte dem nichts hinzuzufügen.
Außer vielleicht ein Humpen
!BEER
Der Kommentar hätte lauten müssen: „Dem habe ich nichts hinzuzufügen.“
Danach hätte ich die örtlichen Schlachter gebeten, mich bitte umgehend in Nierenfett einzubalsamieren.
Denn mehr Anerkennung schafft es nicht mehr über den Horizont. 😊
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Das mit der Einbalsanierung 🤔 wird noch verschoben.😉
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