Philosophie im Mittelalter - von mächtigen Kirchen und noch mächtigeren Ideen - Teil III

in #philosophie6 years ago

Absturz aus der glorreichen Antike ins dunkle Mittelalter. So wird es gerne in Schlagzeilen verbreitet. Doch was ist wirklich geschehen?

Wie wir uns bereits angeschaut haben, war die griechische Hochkultur der Antike mit seinen zahlreichen Kolonien und Einflussbereichen rund um das Mittelmeer geprägt von einer Denkweise mit philosophisch - wissenschaftlichem Ansatz. Damit meine ich die Herangehensweise an die Fragen jener Zeit. Vorurteilsfrei, undogmatisch und logisch begründbar bzw falsifizierbar.
Dies änderte sich allerdings schlagartig mit einem neuartigen Gedankengut, welches ca. 1000 Jahre lang das sogenannte Mittelalter einläutete und die Macht der Kirchen begründete.
Mit Christi Wirken, seinen Botschaften und Lehren, kam auch das semitische Weltbild (siehe letzten Philosophie – Post https://busy.org/@midosch/der-ursprung-der-philosophie-von-griechen-indogermanen-und-semiten-folge-ii) in den Mittelmeerraum und später in die ganze westliche Welt. Auch der Islam ist stark geprägt vom semitischen Weltbild, also dem linearen Geschichtsbild, das immerzu fortschrittlich auf Gott zu arbeitet und eigentlich nur für diesen da ist. Daher kann getrost gesagt werden, dass die meisten Menschen in der ein oder anderen Form (Christentum, Islam, Judentum) mehr oder weniger an die semitische Philosophie glauben, wenngleich Asien ein großes Gegengewicht darstellt und gerade heutzutage die Esoterik („ganzheitliches Denken“) immer mehr an Einfluss gewinnt. In der Esoterik gibt es wie in jeder Weltanschauung viele Strömungen, aber grob gesagt, empfinde ich sie wie eine Wiedergeburt des indogermanischen Weltbilds. Aber dazu an anderer Stelle mehr.

Die ersten Christusgläubigen waren noch nah an der Ursprungsbotschaft und frei, über Jesu Botschaften zu diskutieren. Viele überlegten sich Modelle darüber, wie sie diese Botschaften über das Zusammenleben der Menschen in Gesellschaft und Politik verwirklichen können. Verständlicherweise wurden sie daher von sämtlichen Regierungen verfolgt da diese einen Machtverlust befürchteten. Denn die wachsende Anzahl an Christusgläubigen pochten auf mehr Freiheit; die vielen abschreckenden Strafen der Römer schreckte viele „Märthyrer“ nicht mehr ab, so groß war ihr Glaube an Jesus und die Richtigkeit seiner Botschaft, die selbst um den Preis des eigenen Lebens verwirklicht werden müsse.
Gut möglich, dass der römische Kaiser Konstation deshalb um das Jahr 300 beschloss, das Christentum als Staatsreligion auszurufen wie nach ihm noch viele Könige und Stammeshäuptlinge, die ihre Macht auf diesem Weg noch einmal festigen wollten.
Für viele bedeutet diese Implementierung des Christentums als Staatsreligion das Ende von Unterdrückung und Verfolgung. Doch bei eindringlicherer Betrachtung fällt auf, dass die Unterdrückung nur ein anderes Gesicht annahm. Denn fortan waren die Kirchen mit ihren Obrigkeiten diejenigen, die beschlossen, was geglaubt werden darf und was nicht. Gerade im Mittelalter stellten Päpste und Bischöfe allzu gerne Dogmen auf (vermeintlich um die Christen zu einen und die Originalbotschaft unverfälscht zu erhalten). Doch das Resultat war wie allzu oft, wenn etwas durch Zwang erreicht werden will, das ziemliche Gegenteil. Nicht nur Andersgläubige, sondern auch Christen mit etwas anderen Vorstellungen oder vorlaute Christen, die die Bibel gerne selber studieren und interpretieren wollten, wurden unterdrückt (Ketzerei, Inquisition). Zugegeben war die Inquisition nicht halb so blutig wie oft dargestellt, aber dennoch erachtete der Klerus dieses gewaltsame Mittel als notwendig um ihre Macht zu festigen.
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Quelle: https://pixabay.com/de/rom-kolosseum-italien-antike-173472/

Hinzukommend die damals einzigen Schulen, die Klosterschulen, in denen die Schüler neben den wenigen brach liegenden Wissenschaften v.a. Theologie lernten, also streng auf Linie gehalten wurden.
Die Kirche war weitmehr ein weltlicher als ein geistlicher Herrscher. Sie hatte große Teile an Land, das Steuereinzugsrecht, Leibeigenschaft (= zeitlich begrenzte Zwangsarbeit) und Armeen, die es locker mit denen der Fürsten, Grafen oder Herzöge aufnehmen konnten. Am Höhepunkt ihrer Macht sah sich der damalige Deutsche Kaiser Heinrich IV. gezwungen, im Winter ohne Armee oder Ausrüstung 3 Tage lang allein vor den Toren des Vatikans auszuharren um an die vermeintliche Nächstenliebe des Papstes zu appellieren, welche er allzu oft selber predigte. Seine Unterwerfungsgeste gelang, womit er einen aufreibenden Krieg zw dem Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation und dem Vatikanstaat verhindern konnte. (Bußgang nach Canossa 1076)
All diese Begebenheiten zeigen ganz deutlich, dass zu jener Zeit eine freie Entfaltung der Philosophie oder Wissenschaft schlichtweg unmöglich war.
Doch dies änderte sich mit der Zeit durch den Kontakt muslimischer Völker, die ihrerseits zwar auch durch den Islam und das daraus resultierende große Kaliphat eingeschränkt wurden, aber auf ein reiches Erbe der eroberten Kulturen wie den Ägyptern, Persern, Indern, Griechen und weitern. Durch diese waren sie im Mittelalter gerade in Medizin und der Architektur voraus, aber auch bei philosophischen Fragen hatten sie mehr Grundlagen erbeutet, auf die sie zurück blicken und aufbauen konnten.
Im Westen trafen christliche Stämme und Reiche aus Südfrankreich und Nordspanien auf muslimische Mauren, die bis nach Frankreich vorgedrungen waren und erst nach groben 800 Jahren wieder vollständig aus Spanien vertrieben waren. Im Osten gab es zeitweise gute Beziehungen zwischen dem Kaliphat und dem bis 1453 verbliebenen Oströmischen (Byzantinischen) Reich, das erst um 1100 nach Unterstützung aus Europa im Kampf um die nach Palästina vorgedrungenen Muslime bat. Durch die einsetzende Kreuzfahrerbewegungen entstand ebenfalls ein direkter Austausch europäischer Christen und afrikanisch- asiatischer Muslime.
Dadurch kamen neue Ideen, neue Technologien und Verfahren nach Europa. Das Interesse an anderen Weltanschauungen wuchs und schließlich das Interesse an den eigenen Wurzeln. An allen Ecken und Enden wurde geforscht, egal ob Geschichte, Astronomie, Physik, Chemie, Biologie, Philosophie, Kunst, Architektur, Mechanik usw.
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Quelle: https://pixabay.com/de/collage-leonard-da-vinci-2231082/

Es herrschte ein allgemeiner Optimismus.
Es wurden Universitäten gegründet, der Mensch nach dem Vorbild Griechenlands wieder in den Vordergrund gerückt, sein Wesen, sein Körper erforscht und Bildwerke durften wieder nackte Menschen zeigen.
Zahlreiche Erfindungen und Entdeckungen stammen jener Zeit, die wie eine Befreiung aus knapp 1000 Jahren Dogma und Gleichschaltung anmutete. Die Stimmung war euphorisch, alte Grenzen scheinbar weg, die ganze Welt galt es zu erforschen. Seefahrer machten sich auf und entdeckten neue Kontinente oder starteten Handelsbeziehungen zu Kontinenten wie Indien. Allein die Existenz Indiens mit seinen sonderbaren Elefanten galt noch 100 Jahre zuvor bestimmt als Verschwörungstheorie.
Die Kirche verlor einen Großteil ihrer Macht beinahe über Nacht und spaltete sich zudem. 1000 Jahre Gott im Mittelpunkt (so die Kirchenpropaganda) hatten den Menschen einfach nicht dasa gegeben, was sie brauchten. Jetzt wo jeder Mensch selber denken, forschen und rückschließen sollte, entstanden in wenigen Jahrzehnten so viel Kultur und Technik wie sich davor nie jemand hätte vorstellen können.
Diese Zeit wird daher als die Renaissance (Wiedergeburt der griechischen Hochkultur) bezeichnet und grob auf 1400- 1600 datiert werden, wobei sie von ersten Pionieren schon im Spätmittelalter entdeckt und gelebt wurde. Jede große Bewegung hat Jahrzehnte- oder gar Jahrhunderte vorher schon seine Vordenker, auf deren Ideen aufgebaut wird. Aber bis die Massen darauf vertrauen und sich aus ihrem bekannten Umfeld wagen, braucht es Zeit und eine starke Bewegung mit Vision und Erfolgen.

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