Wieso muss man ein Buch zu Ende lesen

in #yolo5 years ago (edited)

Man fängt an, ein Buch zu lesen, weil neulich in den Nachrichten kam, dass alle schlauen Geschäftsmänner mindestens 30 Minuten am Tag lesen. Wenn sie ihren Streak brechen, dann passiert Unheil. Insolvenz.
Am dritten Tag interessiert einen das Buch nicht mehr, aber man muss es fertig bringen, weil man diese Aktivität abgehakt haben muss. Außerdem hat man ja bereits Zeit, Geld und Energie in das Werk investiert. Nun gibt es kein Zurück mehr.
Macht es Sinn zu lesen nur um zu Ende gelesen zu haben?
Man schnappt in den ersten zwei Kapitel maximal drei key points auf, liest den Rest des Buches mit der Aufmerksamkeit einer Brotbox und geht raus in die Welt mit dem ruhigen Gewissen, dass man keine Zeit verschwendet hat. Immerhin hat man ein ganzes!! Buch zu Ende gelesen!! much Durchhaltevermögen such wow.

Dieser Falle konnte ich zum Glück bereits vor Jahren gekonnt ausweichen. Anderen habe ich immer stolz erzählt wie ich immer nur so lange ein Buch lese oder mir einen Film ansehe, wie ich denke, dass es mir von Nutzen oder Interesse ist.
Es kommt mir im Nachhinein so töricht vor, wenn ich darüber nachdenke, wie ich vor nicht allzu langer Zeit versucht habe, eine Person davon zu überzeugen, ihr Studium nicht abzubrechen, weil sie schon so weit ist.
Mir ist in der Nacht dann eine Idee eingefallen, die ich mal gelesen hatte.

Wenn ich einen Berg mit vielen Höhenmeter besteigen würde und bei 2/3 zum Ziel draufkommen würde, dass mein Pfad nicht zum Gipfel führt. Würde ich dann den ganzen Weg zurückgehen und eine neue Route suchen, die vielleicht (oder auch nicht) zum Gipfel führt?
Vermutlich würde ich krampfhaft versuchen noch irgendwie auf dem ursprünglichen Pfad zum Gipfel zu gelangen.
Einfach aus Prinzip, damit mein Schweiß nicht umsonst geflossen ist.

Ich hatte in der Nacht, als ich darüber nachdachte, den Cringe meines Lebens. Am nächsten Tag habe ich versucht, meinen Fehler wieder gut zu machen, indem ich der Person von dieser Sunk Cost Fallacy erzählt habe. Keine Ahnung ob das was gebracht hat, sie studiert immernoch.

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buuurd

Sort:  

Wenn ich einen Berg mit vielen Höhenmeter besteigen würde und bei 2/3 zum Ziel draufkommen würde, dass mein Pfad nicht zum Gipfel führt.
...

Guter Gedanke, dann einen komplett neuen Weg einzuschlagen.

Dass es tatsächlich stets besser ist, einen anderen Pfad zu beschreiten als - nach einer möglicherweise nötigen Erholungs- und Besinnungspause - den alten fortzusetzen (der möglicherweise nur scheinbar eine Sackgasse ist ... bis man die verborgene Pforte endlich gefunden hat), würde ich aber pauschal nicht sagen. Sicherlich sind auch schon viele Menschen, im Irrglauben, sie müssten noch meilenweit laufen, kurz vor dem Ziel umgekehrt.

Es hängt wohl vom konkreten Einzelfall ab, welche Strategie die bessere ist.
Ich würde mir Folgendes überlegen:

  • Was kostet mich insgesamt mehr Energie, den alten, momentan beschwerlichen Weg bis zum Ziel fortzusetzen, oder einen neuen, vielleicht angenehmeren, dafür aber noch längeren, einzuschlagen?

  • Macht mich das erreichen des Ziels - egal über welchen Weg - überhaupt glücklich, oder sollte ich es (das Ziel) neu definieren? :)
    Z. B.:
    "Sollte ich das aktuelle Studium abschließen?"
    /
    "Sollte ich etwas anderes studieren, was mir mehr Freude bereitet, aber möglicherweise mit dem vorherigen verwandt ist, so dass mir bisher Gelerntes dabei nützlich sein würde und mir ähnliche Berufsfelder offen stünden?"
    /
    "Sollte ich mich etwas völlig Neuem zuwenden, weil sich zu studieren für mich prinzipiell als unerfreuliche Sackgasse erwiesen hat?"

Wenn ich weiß, dass mich das Ziel glücklich machen wird, sollte ich vielleicht alle Pfade ausprobieren. Dann habe ich bestimmt irgendwann einen gefunden, vielleicht sogar den besten.

Aber wie entscheidet man überhaupt welches Ziel einen glücklich machen wird, das werde ich nie verstehen.
Beim Bergsteigen weiß man, was einen am Gipfel erwartet.
... Vielleicht weiß man es beim ersten Mal nicht.
Muss ich alle Gipfel erklommen haben, um zu wissen, auf welchem ich verenden (den Rest meines Lebens verbringen) will?

Aber wie entscheidet man überhaupt welches Ziel einen glücklich machen wird, das werde ich nie verstehen.

Man versucht, aus bereits gemachten Erfahrungen (teils rein intuitiv) Schlüsse zu ziehen, in welchen Parameterkonstellationen man sich aller Wahrscheinlichkeit nach am wohlsten fühlen könnte.
Du hast z. B. gemerkt, dass es dir im Sommer tendenziell besser geht als im Winter, du dich unter vielen Menschen unwohl fühlst, die Berge lieber hast als das Meer, dich für Naturwissenschaft eher interessierst als für Geisteswissenschaften, ..., ... Dann kristallisieren sich vielleicht irgendwann bestimmte anstrebenswerte Lebensumstände heraus ... zumindest theoretisch. In der Praxis ist natürlich die Suche nach dem Glück die schwierigste, die es gibt. :)

Muss ich alle Gipfel erklommen haben, um zu wissen, auf welchem ich verenden (den Rest meines Lebens verbringen) will?

Das wird man in einem Leben wohl nicht schaffen. :)

Es sind jene Erfahrungen, die nicht rein intuitiv erfolgen, die mich belasten. Damit man an den Grenzwert des optimalen Lebenszustand gelangt, muss man durch so viele unangenehme (unkomfortable) Situationen und das auch noch alleine.
Ich habe jedes Jahr immer mehr FOMO, weil ich so schnell wie möglich an diesen Grenzwert gelangen will und somit auch mehr Druck. (Die Klimakrise hat erheblich dazu beigetragen, aber auch der technologische Fortschritt)

Vielleicht würde es (je nachdem, was dich so belastet) helfen, deine materiellen Besitz betreffende Ansprüche zu reduzieren? Dann entfiele z. B. der Druck, irgendwann unbedingt einen Beruf mit einem bestimmten Einkommen ausüben zu müssen?
Druck entsteht oft auch durch Erwartungen anderer, die man erfüllen zu müssen glaubt (aber warum eigentlich?).
Druck kann entstehen, wenn man glaubt, schnell sein zu müssen, da das Leben doch so rasch wieder vorbei sein könne.

Versuch einfach, in Ruhe deine Ziele festzulegen und sie in Ruhe, ohne Hektik zu realisieren. Was sind schon ein Jahr oder zwei? Wenn du mal älter bist, wird es dir völlig egal sein, wann genau du z. B. dein Studium abgeschlossen hast ...

Aber was rede ich? Ich kenne deine konkrete Situation gar nicht gut genug, um dir irgendwelche Ratschläge geben zu können (ich schreibe hier nur über meine eigenen Erfahrungen, die sich mit deinen natürlich überhaupt nicht decken müssen).
Du kannst sicherlich selbst am besten entscheiden, was gut für dich ist und was nicht.

Es geht tatsächlich weniger um herkömmliche Errungenschaften, mehr um mentale, wie das Streben nach innerer Ruhe (welch Ironie) und dem Widerstehen von Trieben.

Ich danke dir für deine ausführlichen Ratschläge, sie helfen mir mehr als du dir vorstellen kannst!

Hört sich für mich sehr nach einem der bekanntesten Denkfehler an.. ;)
Warte ich pack hier gleich n Bild mit rein.

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[Ein wirklich gutes Buch ;)]

Ansonsten ist mir auch sehr ähnliches bezüglich Bücher, Filmen (aber auch bei) Computerspielen aufgefallen.
Liegt jedoch meiner Meinung nach daran, dass die Qualität immer beschissener wird. Geht auch schon lange nicht mehr darum sich selbst auszudrücken, Wissen zu verbreiten oder zu sammeln.. (auf Buch bezogen) (Bei Spielen eben Spielmechanik, Story, Community)
Sondern nur noch um Geld... Möglichst schnell das Produkt fertig bekommen und möglichst viel Kohle damit machen..

Buch (libert - latein) war früher einmal für die Menschen das gleiche Wort wie Freiheit (liberty - englisch). Hat sich seitdem einiges verändert..

Ich brauche immer die meiste Zeit ein wirklich gutes Buch zu finden, sobald ich solch eines in den Händen hab, wird es regelrecht verschlungen. ;)

Danke für den Buchausschnitt Jan! Das mit der Konsistenz und Imagewahrung ist so wahr.
Man muss herausfinden, welche Beschäftigungen es wert sind, sie weiterzuverfolgen. Es kann aber ziemlich tricky sein, weil wenn man mit etwas zu früh aufhört, könnte man eventuell auch was Gutes verpassen.
Falls dich die Thematik interessiert, "The Dip" von Seth Godin fasst diesen internen Konflikt gut und knackig (72 Seiten) zusammen.

Die durchschnittliche Qualität aller Bücher ist bestimmt gesunken in den letzten Jahrzehnten. Wie du gesagt hast, möchten immer mehr Leute die Chance ergreifen mit Schreiben ein passives Einkommen zu verdienen. Das heißt aber nicht, dass es zwischen und unter diesen Büchern keine guten gibt. Man muss sie halt finden. Im schlimmsten Fall packt man Literatur aus den letzten Jahrhunderten aus. Ich merke bei mir selbst auch, dass ich mich mit der Zeit immer mehr zu älteren literarischen Werken hingezogen fühle.
Ich weiß auch gar nicht ob es schade ist, dass sich die Dinge mehr in die Richtung Quantität statt Qualität entwickeln. Immerhin fängt man so an, wirklich qualitative Werke mehr zu schätzen.

Natürlich muss dies nicht heißen, dass die Bücher schlecht sind - gleichzeitig heißt es jedoch, dass sie gar nicht besser als ältere sein können.
Denn sobald Profit die Motivation ist, wird viel schneller gearbeitet (effizienter) und auch aus anderen (älteren ;)) Büchern kopiert (zumindest die Essenzen).

Also bleib ich doch direkt lieber bei den Originalen, welche aus einer anderen Motivation heraus geschrieben wurden. ;) Hoffe es ist jetzt klarer was ich meine.

Naja.. gut, schlecht.. Für mich einfach Teil der Matrix.
Möglichst viel Ignoranz und Bequemlichkeit fördern. Und falls doch mal jemand dort heraus ausbrechen möchte, diesen mit möglichst viel und möglichst falschen Input verwirren. (Frieden ist Krieg, Wahrheit ist gelogen, ...)

Hm, ich denke es ist unbedacht zu sagen, dass moderne Bücher besser oder schlechter sind als ältere. Man darf nicht vergessen, dass sich Ansprüche stets ändern und einen richtigen Maßstab gibt es meines Erachtens nach nicht.
Damals waren die Ideen aus Dostojevskys Werken abschreckend und verwirrend, heute sind sie der Holy Grail der Neuzeit, weil sich Menschen mehr mit Psychologie beschäftigen und komplexe Gedankenprozesse und -bildungen mehr zu schätzen gelernt haben. Vielleicht tummelt heute in irgendeinem Bücherladen ein ähnliches Buch rum.
Also wie gesagt, eine Zunahme an Quantität impliziert zwar eine Abnahme der durchschnittlichen Qualität, Ausreißer gibt es aber immer. Vielleicht nehmen, bzw. wollen wir diese aber noch nicht als solche wahrnehmen.

Sorry, kann ich jedoch nicht ganz zustimmen.
Wenn ich z.B. in nen heutigen Bücherladen gehe, könnt ich anfangen im Strahl zu kotzen..

Muss ja erstmal nen ordentlichen "Bücherladen" finden..

Die Menschen sind meiner Ansicht nach auch zu verblendet/ konditioniert/ in ihrer Matrix um irgendetwas mit Belang zu schreiben..

Solche Ausreißer, wie du sie meinst, finde ich eher im Internet in pdf Format, jedoch leider nicht als Buch. Denn um seine Texte in ein Buch zu wandeln, braucht es auch Investition - Geld und Zeit. Außerdem wird dann alles nochmal über nen Verleger gecheckt und gegebenenfalls Abgeändert/ Umgeschrieben..
Also wie gesagt, als pdf im Internet von total unbekannten Menschen (bspw auch gerne Bitcoin Whitepaper), sonst eher naja.

Ist natürlich jedoch auch mein subjektives Empfinden und dieses möchte ich niemanden aufzwingen - wenn es dir anders geht dann freu ich mich sogar für dich. :)

Wenn ich z.B. in nen heutigen Bücherladen gehe, könnt ich anfangen im Strahl zu kotzen..

hahaha

Das Wort Bücherladen verwende ich eh nur metaphorisch.
Das Internet ist mein Bücherladen.

Glaub mir, wenn du ein Autor aus Leidenschaft bist, dann steckst du dieses Geld und diese Zeit auch rein. Auch wenn es 20 Jahre dauert. Auch wenn du weißt, dass die Wahrscheinlichkeit viel Gewinn zu machen, marginalst ist.
Übrigens gibt es heutzutage mehr Selbstverleger als man denkt und da kommen die Werke dann auch relativ unverändert auf den Markt.

Hab bessere Autoren und Texte hier auf der Steem Blockchain entdeckt, als in Büchern..

Selbsthilfebücher lese ich grundsätzlich nur noch im Schnelldurchgang. Es gibt dort einfach zuviel Lückenfüllerei und immer wird man mit Anekdoten bombardiert, dass bei Marc und July die Methode ja so gut funktioniert hat und beide jetzt Götter sind. blabla. Auch, wenn man Seiten nur überfliegt: Konkrete tips fallen mir immer direkt ins Auge.

Ich lese meine Bücher grundsätzlich zu Ende, aber auch nicht immer! Es kommt darauf an. Oft kommen die Diamanten und Erkenntnisse erst gegen Ende eines Weges, wenn es beschwerlicher wird.

Also grundsätzlich bin ich fürs Durchhalten. Dennoch es gilt für mich auch: “Wenn das Pferd tot ist, dann steig ab.“

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